Biologen, Psychologen und Neurologen haben seit
einigen Jahren bei ihren gesellschaftlichen
Untersuchungen fest gestellt, dass die Lebensfähigkeit
jedes einzelnen Menschen sowie die Überlebensfähigkeit
der Gesellschaft durch die Verdrängung und das Versäumen
von Spiel zutiefst gefährdet ist.
Wie das?
Es geht alles in „Ordnungen“ voran, der Mensch hat
gelernt seine Funktionalität immer mehr zu
rationalisieren, zu perfektionieren. Viele Dinge laufen
immer besser, auch der technologische Fortschritt ist
stetig weiter gewachsen. Wir haben Prinzipien gelernt
wie der Mensch funktioniert, wir haben gelernt wie man
schneller, höher, weiter kommt, noch reicher wird, wie
man effizient arbeitet und natürlich haben wir gelernt
wie wir uns in unseren Rollen verhalten müssen um
möglichst problemlos voran zu kommen. Wir funktionieren
gar in einem Räderwerk das vorbestimmt ist. Manchmal
scheint es, wir bewegen uns auf Schienen, die wie grosse
Geleise durch unser Leben, unsere Umwelt ziehen. Und
auch unsere Kinder werden schon eingeschient dahin,
möglichst problemlos zu funktionieren, sie sollen im
Kindergarten, in der Schule ihre Leistung bringen, sie
sollen problemlos sein, gehorchen, sich an feste Regeln
und Werte halten und diese in Fleisch und Blut
übernehmen.
Wir leben in einer Dualität, im Schwarz-Weiss. Das geht,
das geht nicht. Wenn man es zu etwas bringen will muss
man sich so und so verhalten, wenn man nicht
ausgestossen oder als Spinner abgestempelt werden will,
muss man konform sein, sich keine Extrawürste erlauben,
die Regeln und Gesetze beachten, immer brav,
lieb, angepasst, konventionell, linientreu, loyal und
höflich sein. Wir leben nach dem Wenn-Dann Prinzip,
sogar unsere Wahrnehmung ist bereits eingeschränkt, denn
die Vielzahl der täglichen Anforderungen, der ständigen
Ablenkung, der pausenlosen Lärm-Berieselung, der immer
grossen Verfügbarkeit über Handy, Email, Telefon,
Dienstzeiten, Sport- und Vereinsarbeit halten uns in
Trab und unter einer kollektiven Hypnose, die keine
eigenen Gedanken mehr zulässt.
Niemand lacht mehr über das Wort „Freizeitstress“.
Niemand stellt mehr in Frage, warum die Mehrzahl unserer
Kinder bereits am „Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom“ oder
an der Hyperaktivität leiden. Oder warum es immer mehr
Amokläufe, Burnouts und Depressionserkrankungen gibt,
denn auch dafür gibt es bereits Lösungen, eine
Schublade, in die der Mensch und seine „Krankheit“
passt, pharmazeutische Hilfe und der Plan B, also der
Therapieplan, die Wiedereingliederung in die
Gesellschaft, die öffentliche Meinung ist auch darüber
bereits manifestiert und Ärzte und Therapeuten haben
ebenso gute Lösungen parat wie die Personalabteilungen
der Unternehmen.
Wir fahren alle – immer mal wieder oder beständig – auf
einer „Schiene“...
je nach sozialem Status ist unsere Art, sich zu kleiden,
wo und wie wir Urlaub machen, was wir essen und trinken,
welche Hobbies wir pflegen, wohin wir zum Coiffeur
gehen, welche Tageszeitung wir lesen, ja sogar welche
Pages wir im Internet aufrufen, schon vor-programmiert
denn wir entsprechen ja unserem Image, unserer Klasse.
Ein Beispiel: nennen wir ihn Benedikt, Anwalt in eigener
Kanzlei in Zürich, 350.000 Franken p.a., 58, Militärrang
des Oberstleutnants, inzwischen unglücklich oder
gelangweilt verheiratet, zwei Kinder, beide in
akademischer Laufbahn, Mitglied des juristischen
Verbandes, der Rotarier und des Lions Clubs, trinkt
gerne Barolo und mag die asiatische Küche, vor allem
Sushi in der Sushi Bar auf der Bahnhofstrasse, dazu ein
Glas Moet&Chandon zum Business Lunch. Spielt Golf, trägt
Anzüge von Baldessarini und rahmengenähte Schuhe von
Elgg, die er bei Grieder kauft, schenkt seiner Frau das
Parfüm Chanel No.5, seiner Geliebten ein Dessous von
Beldona oder ein Juwel von Les Ambassadeurs, denkt über
ein Haartransplantat nach, liest die NZZ, macht Ferien
in Singapur, Bora-Bora oder in einem exclusiven Club auf
den Seychellen, fährt einen 93 Chevrolet mit
vollverchromten Alu-Speicherfelgen oder einen
dunkelgrünen Jaguar E-Type mit beigen Ledersitzen, auf
seinem Schreibtisch liegen das Wall Street Journal, die
Bilanz und das amerikanische Time Magazin, hinter seinem
Schreibtischstuhl moderne Kunst, vielleicht eine Büste
von Adorno. Seine Stadtvilla hat er verkauft oder seiner
Frau überschrieben, er selbst lebt nun etwas ländlicher,
auf der Türklingel steht aus Diskretions-gründen kein
Name. Benedikt ist reich, kultiviert, verfügt über
tadellose Manieren, einen hohen IQ, ein Golf-Handycap im
professionellen Bereich und seinen alternden Körper hält
er mit seinem personal Trainer fit.
Benedikt ist so gelangweilt dass es Tage gibt, an denen
er nicht mal aufstehen mag. Denn dieses Leben kennt er
seit 30 Jahren.
Das ist keine Idee, das ist ein realer Mensch, der in
meinem Coaching war.
Wer nur noch schwarz und weiss sieht, kann die Farben
eines Regenbogens nicht mehr wahrnehmen. Auch die
fortgeschrittenste Gesellschaft kann weder Luft noch
Nahrung noch Liebe und Beziehungen ersetzen und sie
braucht Menschen, deren innere Lebendigkeit und
spielerische Erfindungskraft noch nicht ganz
eingeschlafen sind.
Es geht nicht um Spielerei, wenn wir fragen, inwieweit
Leben Spiel sein kann.
Warum müssen Kinder sitzend lernen? Warum nicht laufend,
stehend, kniend, hockend oder liegend? Warum müssen
gehfähige Patienten ins Bett gelegt werden, nur weil die
Krankenhausordnung das vorschreibt? Warum müssen
Menschen mit dem Burnout-Syndrom Medikamente nehmen oder
gar in eine Klinik eingewiesen werden, nur damit die
Versicherung ihnen ihren Krankenstand auch wirklich
glaubt?
Die Antwort ist leicht: Weil die Gesellschaft eine
ORDNUNG verlangt, dem sich alles zu beugen hat. Wo kämen
wir denn da hin wenn jeder nur noch machen würde, was er
will?
Ja, wo kämen wir denn da hin?
Vielleicht in den Eigensinn?
Vielleicht in die Kreativität?
Vielleicht sogar auf neue Gedanken?
Vielleicht auf neue Lebenskonzepte?
Vielleicht auf Lösungen, die man gar noch nicht kennt!
INS SPIEL?
Spiel ist keine Form des blossen Zeitvertreibs, den wir
uns leisten können oder nicht. Spiel ist das
Grundprinzip des Lebens – und Spielräume sind die Räume,
in die hinein sich Leben entfaltet.
Spielen ist – wie im althochdeutschen „spelan“ enthalten
– die suchende Bewegung durch die Welt, eine
Lebensbewegung, die keinen ungebahnten Weg scheut,
Umwege gerade nicht meidet und zugleich immer auf der
Suche ist.
Der spielerischen Qualität und Haltung des Lebens haben
wir eine gesellschaftliche Struktur und Ordnung entgegen
gesetzt, die Spielräume gar nicht ertragen kann, oder
diese zugebaut/gemauert hat – oder zugestuhlt hat damit
kein Bewegungs-, eben kein Spielraum mehr besteht.
Wir alle träumen den Traum eines bewegten,
abenteuerlichen, lustvollen, spontanen, freien, lustigen
Lebens, wir alle träumen davon, das Leben selbst zu
gestalten, vielleicht sogar ein Stück weit für die
Gesellschaft anders zu gestalten, neue Spielräume zu
erobern, auszubrechen aus den Schienen, der Langeweile,
der vorgezeichneten Konzepte. Ich behaupte sogar, wir
alle träumen davon, aus der ORDNUNG auszusteigen die die
Gesellschaft uns aufoktroyiert.
Wer sich frei durch Räume bewegt, ist schwer
kontrollierbar. Werden wir wohl deswegen alle so gerne
von der Karrierelaufbahn, den gesellschaftlichen Normen,
der Medienlandschaft, dem TV, dem Internet, dem
sitzenden Spiel vor der Playstation betäubt? Damit wir
ruhiggestellt sind und unseren inneren und äusseren
Bewegungs- und Eroberungsdrang unter Kontrolle haben?
Schaut mal in die Ämter des öffentlichen Rechts, alles
sitzende Wichtige. Für sie scheint die Eroberung der
Spielräume wie eine Art der Anarchie!
Ich behaupte: Der Verlust unserer Spielfähigkeit und der
Fähigkeit der Entdeckung und Eroberung von gegenteiligen
neuen Lebensformen hat eine körperliche, geistige und
emotionale Panzerung zur Folge. Wir sind ja schon alle
völlig ungeschmeidig vom vielen Sitzen! Und das Paradox:
Viele von uns sitzen sogar gerne!
Scham, Angst, Schuld sitzen uns im selbst gewählten
Gefängnis fest im Nacken. Es hält uns vom Ausbrechen ab.
Allmählich wird so jede Lebens-bewegung schmerzvoll
abgestellt und selbst da, wo Spielräume und
Veränderungs-möglichkeiten greifbar sind, werden sie
nicht genutzt und mit den unglaublichsten Begründungen
sogar abgelehnt.
Wir alle also sitzen auf unserem Geld, dem Eigentum, auf
unseren Beziehungen, auf unseren Meinungen und
Weltanschauungen, auf unseren Positionen und Verdiensten
samt Diplom, Medaillen und Orden. Ist das die
vermeintliche Sicherheit, auf der wir sitzen? Anstatt zu
leben sitzen die meisten von uns ihr Leben aus. Und dann
ärgern wir uns krank, wenn das Leben sich nicht an
unsere Bedingungen und Erwartungen hält.
Und ist da noch das leise Lied in uns? Die Melodie die
wir schon so lange kennen und die wir nur noch manchmal
hören? Sind da vielleicht auch noch Töne, Schwingungen,
Träume, die wir noch nie ausprobiert haben? Sind da
vielleicht noch Spielräume, die wir noch nie betreten
haben oder deren herrliches Kribbeln im Bauch, dessen
feiner Geruch, dessen leuchtende Farben, deren
glucksendes Lachen wir vergessen haben?
Ich behaupte: Wir alle wollen zurück ins Spiel. Und wir
alle wollen zurück zur Liebe. Nur ist unser Panzer schon
so dicht geworden. Aber heute beginnen wir den Panzer
aufzubrechen und zu schauen was drin ist. Zu schauen was
an Leben, Leidenschaft, Leichtigkeit,
Lebenslust, Liebe, Aufregung, Freude, Euphorie und
Extase noch da ist.
Leben ist Beziehung und muss sich in Räumen gestalten,
die auch einen Spielraum aufweisen, in den hinein sich
etwas Neues entwickeln kann.
Schaffen wir uns also eine neue Welt in dem wir die
Ordnungen, Normen, Grenzen und Beschränkungen nieder
reissen und mit hemmungsloser Spontaneität ausprobieren
wer und was wir eigentlich sind.
Auf geht's in unsere eigenen SPIELRÄUME.
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